Ein Gütermotorschiff ist im Nationalpark Unteres Odertal auf der Oder unterwegs.
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Biodiversität
Wissenschaftler setzen sich für biologische Vielfalt ein

Deutsche Wissenschaftsorganisationen fordern mehr politischen Einsatz für den Artenschutz. Die Wirtschaft müsse für ihr Handeln bezahlen.

29.11.2022

Ein breiter Zusammenschluss deutscher Wissenschafts- und Nichtregierungsorganisationen setzt sich für "natur-positives" Unternehmenshandeln ein. In ihrer am Dienstag veröffentlichten "Frankfurter Erklärung" fordern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Trendwende: das Wirtschaften gegen die Natur zu beenden und es stattdessen naturverträglich zu gestalten. Das Positionspapier kommt eine Woche vor Beginn des Weltnaturgipfels, der 15. Vertragsstaatenkonferenz zur biologischen Vielfalt (CBD COP15), in Montreal und gut eine Woche nach dem wenig erfolgreichen Weltklimagipfel in Scharm el Scheich. In dem Papier bieten die Forschenden der Europäischen Union und der Bundesregierung ihre Expertise und Mitarbeit an, um die "Zwillingskrise" aus Biodiversitätsverlust und Klimawandel zu bewältigen.

Ähnlich wie für CO2-Emissionen fordern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen fundierten und standardisierten Preis für den Verlust von biologischer Vielfalt. Für einen wirksamen Schutz der Biodiversität brauche es Kennzahlen, die Unternehmen zum verstärkten Handeln motivieren. Auf der Weltnaturkonferenz müsse die Politik die Unternehmen dazu verpflichten, ihre Auswirkungen auf die Biodiversität zu messen und regelmäßig über ihre Bemühungen zu deren Schutz zu berichten. Außerdem müsse die Politik umweltschädliche Subventionen bis spätestens 2030 abbauen und naturverträglich umwidmen, fordern die Forschenden. Deutschland als viertgrößte Wirtschaftsnation der Welt habe einen enormen "Biodiversitäts-Fußabdruck" und müsse daher eine Vorreiterrolle bei dessen Schutz einnehmen.

Forschende drängen auf "natur-positives" Wirtschaften

"Nötig ist eine verbindliche, globale Vereinbarung historischen Ausmaßes zum Schutz der Natur", sagte Dr. Christof Schenck, Geschäftsführer der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft und Träger des Deutschen Umweltpreises 2022. "Sie muss den Rahmen setzen, den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen, mit und nicht gegen die Natur zu wirtschaften und geschädigte Natur wieder herzustellen!" Professor Klement Tockner von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung fügte hinzu: "Wenn wir jetzt nicht eine grundlegende Veränderung hin zu einer natur-positiven Wirtschaft vollziehen, dann wird das Anthropozän – das Zeitalter des Menschen – zur kürzesten Epoche der Erdgeschichte!"

Zu den Erstunterzeichnerinnen und -unternzeichnern der "Frankfurter Erklärung" gehören neben Schenck und Tockner unter anderem Professor Jörg Rocholl (Präsident der internationalen Wirtschaftsuniversität ESMT Berlin), Professor Johannes Vogel (Museum für Naturkunde Berlin), Professor Bernhard Misof (Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels), Professor Jan Pieter Krahnen (Leibniz Institute for Financial Research SAFE), Professorin Katrin Böhning-Gaese (Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt und Umweltpreisträgerin 2021), Professor Josef Settele (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung) und Professor Volker Mosbrugger (BMBF-Initiative zum Erhalt der Artenvielfalt, Polytechnische Gesellschaft e.V.).

ckr