In einer Tag-Cloud in englischer Sprache stehen Wörter rund um Diplomatie.
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Außenwissenschaftspolitik
Wunsch nach mehr Wissenschafts-Diplomatie

Teilnehmende des Forschungsausschusses kritisieren den Mangel an „Science Diplomacy“. Sie fordern die Regierung zum Handeln auf.

20.02.2024

Bei der 64. Sitzung des Forschungsausschusses am morgigen Mittwoch setzen sich Forschungspolitikerinnen und -politiker für eine stärkere Betonung und Institutionalisierung von "Science Diplomacy" – Wissenschafts-Diplomatie – in der deutschen Außenpolitik ein, wie "Table Media" im eigenen Newsletter berichtete. 

Die Parlamentsangehörigen stören sich laut Berichterstattung daran, dass Außenministerin Annalena Baerbock ihren Fokus nur auf die Klimaaußenpolitik lege, heißt es, und sich zu sehr auf langfristig angelegte, institutionalisierte Wissenschaftskooperationen konzentriere. Stark-Watzinger wird "Symbolpolitik" vorgeworfen. Über Spionageabsichten chinesischer Forschender zu reden, sei laut SPD-Fraktion, keine ernstzunehmende Wissenschaftsaußenpolitik. 

Forderung nach aktiver Außenwissenschaftspolitik 

In dem zugrunde liegendem Antrag, dem zweiten in dieser Legislaturperiode, weisen die Forschungsparlamentarierinnen und -parlamentarier die Bundesregierung auf ihre Ziele im Koalitionsvertrag hin, sie habe sich "einer aktiven Außenwissenschaftspolitik verschrieben, welche die Bedeutung von Wissenschaftsfreiheit und den Schutz von bedrohten Studierenden und Forschenden in der ganzen Welt hochhält und interessengeleitet für Deutschland technologische und digitale Souveränität einsteht." 

Zur Stärkung der Wissenschaftsfreiheit und Resilienz sollen Wissenschafts- und Forschungskooperationen künftig noch stärker an Menschenrechten, akademischer Selbstbestimmung, Demokratie und "Deutschlands strategischen Interessen" ausgerichtet werden. Auch eine vertiefte europäische Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft und Forschung fordern die Antragsstellenden laut Tagesordnung der Ausschuss-Sitzung am 21. Februar.

Wissenschafts-Diplomatie solle zur Standortsicherung, Bewältigung globaler Herausforderungen sowie der Pflege außenpolitischer Beziehungen im Zuge von Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt werden. 26 konkrete Forderungen gibt es in dem Antrag in den folgenden drei Kategorien: 

  1. Förderung der akademischen Mobilität, 
  2. Stärkung von Wissenschaftsfreiheit und Resilienz und 
  3. Europäische Zusammenarbeit. 

Expertinnen und Experten bekräftigen Forderungen 

Um diese Forderungen zu bekräftigen, haben die Politikerinnen und Politiker im Forschungsausschuss Expertinnen und Experten von verschiedenen Wissenschaftsinstitutionen zur morgigen Sitzung eingeladen: von der Charité, der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH), der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Heidelberg und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). 

Generalsekretär Kai Sicks weist darauf hin, dass der DAAD 2021 und 2022 Vorschläge zur Gestaltung der Außenwissenschafts-Realpolitik vorgelegt habe. "Wir verstehen sie als Anregung zur Weiterentwicklung der deutschen Science Diplomacy", sagte Sicks laut "Table Media". Aspekte wie der Ausbau der China-Kompetenz, stärkere Schutzprogramme für bedrohte Studierende und Forschende und tiefere europäischer Hochschulzusammenarbeit seien für den DAAD laut Sicks dabei von großer Bedeutung. Angesichts der aktuellen Weltlage sei es erforderlich, die außenwissenschaftlichen Beziehungen neu zu gestalten. 

Weltlage verändert Wissenschaft

Die Bedeutung der Wissenschaft macht auch Dr. Georg Schütte, Generalsekretär der Volkswagen-Stiftung, bei der Münchner Sicherheitskonferenz zum Thema. Die wissenschaftliche Erkenntnis sei laut Schütte mehr denn je Basis dafür, wie sich die Verhältnisse zwischen Ländern und Nationen entwickelten. Damit ändere sich auch die Landkarte der internationalen wissenschaftlichen Kooperationen. 

"Wir sehen, dass wir international weiter kooperieren müssen, weil es planetare Herausforderungen gibt", so Schütte gegenüber “Table Media”, "wir sehen aber ebenfalls, dass es ökonomische Konkurrenzen um technologisches Wissen gibt, das zu Konkurrenzkämpfen führt." Dass Zusammenarbeit langfristig in Annäherung münde, sei laut ihm eine Illusion. Um international handlungsfähig zu bleiben, sei es wichtig, auf neue Wege zu setzen. 

Schütte glaubt, dass es wichtiger geworden ist, wissenschaftsstrategische Interessen klarer zu artikulieren und auch das Wissenschaftssystem in Deutschland finanziell zukunftsfest zu machen. Zudem findet er, dass die Beteiligten sich fragen müssten: Mit wem genau arbeiten wir zusammen? Wo findet die Wissenschaftsfreiheit ihre Grenzen? Schütte lobt laut Berichterstattung in diesem Zusammenhang das jüngste DAAD-Positionspapier, in dem gefordert wird, die Zusammenarbeit mit China realistisch zu gestalten. "Wir brauchen einen neuen Realismus, um Risikolagen und notwendige Einschränkungen für wissenschaftliche Kooperationen abschätzen zu können, um zugleich aber auch die Chancen, die sich bieten, nutzen zu können", sagte er in einem "Table Media"-Interview und auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

kfi/cva