Bildschirme zeigen die Logos von OpenAI und ChatGPT.
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ChatGPT
KI-Software - Quo vadis?

OpenAI hat einen neuen Chef. Deutsche Forschende äußern sich darüber, was für ChatGPT wichtiger ist: Gemeinnützigkeit oder Kommerz?

20.11.2023

Das US-Unternehmen OpenAI hat einen neuen Chef: Emmet Shear, Mitgründer und langjähriger Leiter von "Twitch", ein auf Spiele fokussierter Streamingdienst. Das berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg und der Branchendienst "The Information". Am Wochenende hatte es stundenlange Verhandlungen gegeben, da überlegt wurde, Sam Altman, den zuletzt entlassenen Mitgründer und vorherigen Chef der ChatGPT-Entwicklerfirma zurückzuholen, berichteten verschiedene Medien. Das wollten Geldgeber, wie beispielsweise Microsoft. Doch der Verwaltungsrat blieb hart. Er kündigte sogar Mira Murati, die erst Freitag als Chefin ernannt worden war. 

Grund für Altmans Abgang soll Medienberichten zufolge ein schon länger schwelender Richtungsstreit bei OpenAI gewesen sei, bei dem es darum geht, ob OpenAI ihrer ursprünglichen Mission von "Open Source" treu bleiben oder auf mehr Kommerzialisierung setzen soll.

Spenden brachten nicht die nötigen Investitionen

Gegründet wurde OpenAI 2015 als eine Non-Profit-Organisation mit der Mission Künstliche Intelligenz (KI) im Interesse aller zu entwickeln. Als klar wurde, dass die nötigen Spenden in Milliardenhöhe nicht aufzutreiben waren, wurde eine zusätzliche gewinnorientiere Firma mit Altmann als Chef gegründet. Dieser holte Microsoft als Milliarden-Investor ins Boot und sicherte dem US-Unternehmen OpenAI so den Zugang zur nötigen Rechenleistung. So standen kommerzialisierte Nutzung gegen Gemeinnützigkeit bei der KI-Firma. 

Vor rund einem Jahr brachte OpenAI den Chatbot ChatGPT auf den Markt, der Sätze auf dem sprachlichen Niveau eines Menschen formulieren kann. Das löste einen KI-Hype aus und wies OpenAI als einen Vorreiter der Technologie aus. Andere Tech-Konzerne wie Google, Amazon und der Facebook-Meta stellten Konkurrenz-Software vor.

Parallel dazu vertiefte sich der interne Konflikt bei OpenAI. Denn Altmann wollte die KI-Technologie wohl noch früher auf den Markt bringen und verfolgte einen konsequent kommerziellen Ansatz. Das passte einigen auf der Führungsebene beim KI-Unternehmen nicht, zum Beispiel dem Technologiechef Ilya Sutskever, wie Medien berichten. Sie konnten die Mehrheit des Verwaltungsrates auf ihre Seite schlagen, so kam es zu Altmans Entlassung. Ob Emmet Shears Ernennung Ruhe in den Führungsstreit bringen wird, wird sich noch herausstellen. Altman habe nämlich inzwischen zu Microsoft gewechselt, vermeldet die dpa, und ein Großteil der Belegschaft sei bereit, ihm zu folgen.

Für Expertinnen ist eindeutig in welche Richtung es geht 

Professorin Doris Weßels, Inhaberin des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der Fachhochschule Kiel, stellt sich die Frage, "ob generative KI mit den derzeit im Fokus stehenden Tools wie ChatGPT & Co. nicht das interessanteste Geschäftsmodell aller Zeiten darstellen?"

Die Anwendungsvielfalt erscheine nahezu grenzenlos, so Weßels gegenüber Forschung & Lehre. Ein besonders spannender Trend sei laut ihr die Entwicklung hin zu Multi-KI-Agentensystemen und autonomen Plattformen, die selbstorganisiert agieren und laut ihr die nächste Ära der Digitalisierung einläuten werden. "Wir können derzeit nur grob erahnen, welche Auswirkungen diese technologischen Entwicklungen haben werden", sagt Weßels.

Offensichtlich sei die Attraktivität für die Anbieter, die weltweit großen IT-Konzerne, die entsprechend wetteifern. Laut Weßels ist daher die Frage, ob im Falle der Nutzung von generativer AI mittel- oder auch langfristig  Altruismus oder Kommerz siegen wird, "eindeutig zu beantworten und zeigt sich seit dem Wochenende sehr deutlich rund um die Kapriolen bei OpenAI", sagt sie. 

Martin Wan, Projektleiter  vom "Hochschulforum Digitalisierung" sieht das ähnlich. Auch wenn OpenAI ursprünglich als Non-Profit-Organisation gegründet wurde, wurden die generativen KI-Modelle von der kommerziellen Tochter, die zu großen Teilen von Microsoft finanziert wird, veröffentlich. "Insofern verfolgt OpenAI mit ChatGPT eindeutig kommerzielle Interessen. Das ist legitim, allerdings ist damit der Namensbestandteil 'Open"', der ansonsten oft bei wirklichen Open Source-Produkten eingesetzt wird, ein wenig irreführend", sagt Wan gegenüber Forschung und Lehre. 

kfi/dpa