Gruppenaufnahme der Biologieprofessorin Nancy Hopkins und ihrer Mitstreiterinnen, die gemeinsam den sogenannten "MIT-Report" verfasst haben.
mindjazz pictures

Filmrezension
Für die Frauen der Wissenschaft

Welche Hindernisse wurden und werden Frauen in der Wissenschaft in den Weg gelegt? Dieser Frage widmet sich ein neuer Kinofilm.

Von Charlotte Pardey 28.04.2021

Der Dokumentarfilm "Picture a Scientist. Frauen der Wissenschaft" von Sharon Shattuk und Ian Cheney (2020) zeichnet die Karrieren von drei Naturwissenschaftlerinnen nach. Dabei beleuchtet er stellvertretend für viele Frauen in der Wissenschaft die Schwierigkeiten, Schikanen und Diskriminierungen, die die drei Professorinnen erlebt haben.

Vorgestellt werden die Biologin Nancy Hopkins, die Geologin Jane Willenbring und die Chemikerin Raychelle Burks. An ihnen stellt der Film verschiedene Auswüchse der Diskriminierung von Frauen in der Wissenschaft dar – spezifisch in MINT-Fächern: Sexuelle Belästigung, Rassismus, fehlende Anerkennung für Expertise, Ausschluss aus etablierten Mechanismen, wie der Zusicherung von Fördergeldern. Auch den engen Flaschenhals der wissenschaftlichen Karriere thematisiert der Film: Waren zum Abschluss des Bachelorstudiums in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern noch die Hälfte der Studierenden weiblich, blieben nur wenig angestellte Professorinnen und promovierte Mitarbeiterinnen übrig. Diesen unverhältnismäßigen Schwund erklärt der Film mit der frauenfeindlichen Kultur in der MINT-Forschung.

Immer wieder werden Infografiken und Statistiken eingeblendet und besprochen, die verdeutlichen sollen, inwiefern die Erlebnisse als exemplarisch zu betrachten sind. Ein Beispiel: Die Hälfte aller Frauen in Wissenschaft und Forschung habe sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Leider werden im Film keine Quellen zu den Grafiken genannt.

Im Verlauf zeigt der Film eine Kultur des Wandels auf, hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft. Dafür stellt er einzelne Initiativen wie den sogenannten "MIT-Report" (Originaltitel: "A Study on the Status of Women Faculty in Science at MIT", 1999) vor. Nancy Hopkins war an dieser Studie maßgeblich beteiligt, die die systematische Benachteiligung von Frauen am Massachusetts Institute of Technology (MIT) dokumentierte. In Folge der Studie seien Frauen in der Wissenschaft gestärkt worden, am MIT, aber auch an weiteren US-Universitäten. Ein allgemeines Bemühen um Veränderung habe um sich gegriffen, erkennbar beispielsweise an der Aufforderung, dass Frauen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz melden und erwiesene Täter mit Entlassungen rechnen müssten.

Ein Ausblick auf die Situation von Frauen in weiteren wissenschaftlichen Disziplinen, wie zum Beispiel den Geistes- und Sozialwissenschaften fehlt, was den Film etwas einseitig macht. Trotzdem ist der Film sehenswert. Durch seine drei Protagonistinnen eröffnet er den Blick auf die Pionierinnen der Geschlechtergerechtigkeit in den Wissenschaften, auf Forscherinnen aus benachteiligten Minderheiten und auf die Abhängigkeit der Nachwuchswissenschaftlerinnen von einflussreichen männlichen Vorgesetzten. Die These des Films: Der Ausschluss von Frauen von wichtigen akademischen Rollen und ihre Schikane im Forschungsalltag führe zum Abbruch wissenschaftlicher Karrieren. Dies wiederum bedeute den Verlust der Hälfte der gesellschaftlich vorhandenen Talente und führe zum Einbüßen notwendiger Diversität. Raychelle Burks sagte dazu: "Von wem und wie Fragen gestellt werden und wer gefördert wird, bestimmt die Entwicklung des Felds. Diversität in den Wissenschaften führt zu vielfältigeren Ergebnissen."

Ab dem 29. April ist der Film im Kino zu sehen. Dieser Satz klingt aus der Zeit gefallen. Das digitale Kino ist gemeint. Für einen Eintrittspreis von zehn Euro lässt sich der Film vom Kanal des Filmverleihs "mindjazz pictures" auf der Videoplattform "Vimeo" auf heimischen Geräten streamen. Der Film läuft im englischen Original mit deutschen Untertiteln.