Eine Gruppe von Studierenden sitzt in einer hochmodernen, hellen Lounge eines Hochschulgebäudes.
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Hochschullandschaft
Mehr als ein Drittel der Hochschulen nicht-staatlich

Das CHE veröffentlicht eine Analyse zur Hochschullandschaft. Nicht-staatliche Hochschulen lassen sich in sieben Merkmals-Gruppen fassen.

05.02.2024

Von den 426 Hochschulen in Deutschland sind laut einer Pressemeldung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) mehr als ein Drittel in nicht-staatlicher Trägerschaft: "Zu den Trägern dieser rund 150 Hochschulen zählen in Deutschland unter anderem Kirchen, Unternehmen, Stiftungen oder Vereine. (…) Die Mehrzahl der privaten Einrichtungen ist hingegen erst in den vergangen 30 Jahren gegründet worden." 

Die Standorte privater Hochschulen konzentrieren sich auf Städte mit einer Bevölkerung über 500.000 Personen. Auffällig ist, dass in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Bremen, Thüringen und dem Saarland keine kirchlichen Hochschulen existieren. 

Studierende bevorzugen staatliche Hochschulen

Bezogen auf die Studierendenzahlen waren im Wintersemester 2022/2023 rund 86 Prozent der 2,52 Millionen Studierenden an staatlichen Hochschulen eingeschrieben, etwa 12 Prozent an privaten (365.000) und circa 1 Prozent (31.000) an kirchlichen. Die meisten privaten Hochschulen fallen in die Kategorie 500-999 Studierende. Über die Hälfte der kirchlichen Hochschulen hat weniger als 250 Studierende. Der überwiegende Anteil der staatlichen Hochschulen hat dagegen über 5.000 oder sogar über 10.000 Studierende. Es sind entsprechend große Einrichtungen. 

Professor Michael Groll lehrt heute an der privaten, staatlich anerkannten Fachhochschule des Mittelstands in Köln und kennt beide Perspektiven, da er zuvor an der Deutschen Sporthochschule in Köln war. Er äußerte sich zur Größe staatlicher Hochschulen vor einiger Zeit gegenüber studycheck.de kritisch: "Der persönliche Kontakt kommt auf jeden Fall zu kurz! Die Kollegen an den Öffentlichen haben ja allein schon anhand des geringeren Lehrdeputats weniger Möglichkeiten, ihre Studierenden in den Veranstaltungen kennenzulernen. Hinzu kommt die schiere Anzahl an Studierenden, da schaffen es höchstens zwei oder drei pro Jahrgang, sich nachhaltig beim Professor oder bei der Professorin bemerkbar zu machen." An staatlichen Fachhochschulen ist die Lehre in der Regel jedoch schon deutlich praxisorientierter als an staatlichen Universitäten und die Studiengruppen sind vergleichsweise kleiner. 

"Die Kollegen an den Öffentlichen haben ja allein schon anhand des geringeren Lehrdeputats weniger Möglichkeiten, ihre Studierenden in den Veranstaltungen kennenzulernen.”
Professor Michael Groll, private Fachhochschule des Mittelstands in Köln

Junge Menschen entscheiden sich laut Groll auf wegen der vergleichsweise geringen Studienkosten für staatliche Hochschulen: "Die Vorzüge einer staatlichen Hochschule liegen zum einen im finanziellen Bereich, die sind einfach weniger kostenintensiv. Als ein weiteres Argument pro staatliche Hochschule sehe ich die Möglichkeiten, ein Studium von den Inhalten her eigenverantwortlich zu gestalten. Das gilt aber natürlich nur für Studierende, die von Haus aus eigeninitiativ sind." Dafür verfügen nicht-staatliche Hochschulen oft über eine bessere personelle Betreuung und technisch- beziehungsweise räumliche Ausstattung. 

Sieben Merkmalsgruppen nicht-staatlicher Hochschulen 

In einer Strukturanalyse des Verbundprojekts nsh-inno des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) und des CHE wurden die rund 150 nicht-staatlichen Hochschulen in sieben Merkmalsgruppen eingeteilt. Ausgewertete Kriterien waren Hochschultyp und Trägerschaft, Gründungsjahr, geografischer Verortung, Studierendenzahl und das Fächerprofil: 

  1. Überregionale Hochschulen 
    (28 Hochschulen) sind hauptsächlich private Hochschulen mit überregional verteilten Standorten oder mit einer überregional verteilten Studierendenschaft (Fernhochschulen). 
  2. Theologisch-/weltanschauliche Hochschulen 
    (26 Hochschulen), bei denen Theologie oft das zentrale oder einzige Fach ist, bilden meist für eine berufliche Tätigkeit beim jeweiligen Träger aus. Hochschulen dieses Clusters sind mit im Schnitt 161 Studierenden eher sehr kleine Einrichtungen. 
  3. Künstlerische Hochschulen 
    (zehn Hochschulen) sind mit durchschnittlich 71 Studierenden die kleinsten Einrichtungen. In das Cluster fallen zwei private und acht kirchliche Einrichtungen. 
  4. Breit aufgestellte Universitäten 
    (zwölf Hochschulen) verfügen über mindestens zwei verschiedene Studienbereiche. Hochschulen dieses Clusters bieten im Durchschnitt 27 Studienangebote für 2.900 Studierende pro Einrichtung an. 
  5. Spezialisierte Universitäten 
    (zehn Hochschulen) sind ausschließlich private Universitäten, die im Wesentlichen ein Studienfach anbieten. Im Bereich Internationalisierung ist die Gruppe dieser Hochschulen im Vergleich zu den anderen führend. 
  6. Breit aufgestellte Hochschulen für angewandte Wissenschaft, kurz HAW, 
    (46 Hochschulen) bilden die größte Gruppe unter den nicht-staatlichen Hochschulen in Deutschland. Solche Hochschulen bieten in mindestens zwei Studienbereichen im Schnitt 14 Studiengänge an. 
  7. Spezialisierte HAW 
    (20 Hochschulen), wie etwa Business Schools, verfügen über ein sehr schmales Fächerspektrum. Hochschulen dieses Clusters bieten deutlich weniger Studiengänge im Durchschnitt (sechs) an als breit aufgestellte HAW, auch die durchschnittliche Studierendenzahl ist niedriger. 

"Die nicht-staatliche Hochschullandschaft in Deutschland ist sehr vielschichtig. Die Hochschulen unterscheiden sich auch stark hinsichtlich ihrer Größe und Ausrichtung”, so der Hochschulexperte und CHE-Mitarbeiter Cort-Denis Hachmeister. Bezugnehmend auf diese verschiedenen Typen nicht-staatlicher Hochschulen werden im weiteren Projektverlauf von nsh-inno Muster des Wissens- und Technologietransfers vergleichend untersucht.

cva