Arbeitskollegen spielen im Büro Tischfußball.
mauritius images/Westend61/Robijn Page

Wissenschaftlicher Alltag
Der Wert des Spielens in der Wissenschaft

In der wissenschaftlichen Arbeitswelt scheinen Spiele keinen Platz zu haben. Dabei fördern sie – richtig ausgewählt – eine positive Arbeitskultur.

Die Arbeit macht einen großen Teil unsers Lebens aus. Wir verbringen viel Zeit mit ihr und sie prägt einen Teil unserer Identität. Das gilt gerade für die Wissenschaft, in der die Begeisterung für einen bestimmten Fachbereich viele Menschen antreibt. Ob Arbeit mit Last oder Lust verbunden ist, hängt dabei stark von der Arbeitskultur ab. Es gibt viele Möglichkeiten, eine positive Arbeitskultur zu fördern, auch eine, die bisher in Deutschland, unserer Erfahrung nach, noch zu wenig genutzt wird: Spiele.

"Spiel und Spaß widersprechen exzellenten Leistungen und Innovationen nicht."

Spiele werden eher mit dem Privaten oder sogar Kindlichen assoziiert und haben somit oftmals ein Akzeptanzproblem in der Arbeitswelt. Kulturell stehen intellektuell tiefgreifende Diskussion und Perfektion Spiel und Spaß zunächst entgegen: Durch in der Wissenschaft oft herrschenden Konkurrenz- und Leistungsdruck fragt man sich, wo man hier noch Gelassenheit, Leichtigkeit und Spielen in den Arbeitsalltag integrieren kann. Wir denken allerdings, dass intellektuelle wissenschaftliche Arbeit kein Widerspruch zu sinnvollen (und lustigen) Spielen ist.

In den vergangenen Jahren haben gerade internationale Firmen die Spielkultur aufleben lassen, und in der Coronazeit, in der der informelle Austausch teils auf der Strecke bleibt, hat das Spielen auch in anderen Teams an Bedeutung gewonnen. Es lohnt sich, auch nach der Pandemie daran festzuhalten und das Spielen noch stärker in den Arbeitsalltag zu integrieren. Spiele schaffen Kreativität, Erholung und Lebensfreude und stärken den Zusammenhalt im Team sowie die Identifikation mit dem Arbeitgeber. Somit widersprechen Spiel und Spaß exzellenten Leistungen und Innovationen nicht, sie könnten sie sogar verbessern. In diesem Sinne: Lasst die Spiele beginnen!

Teambuilding und Kennenlernen

Die erste und wohl am meisten verbreitete Art, Spiele in die Arbeit zu integrieren, sind Kennenlernspiele. Ein mögliches Kennenlernspiel beinhaltet, dass jeder einen lustigen Fakt über sich in einen Los-Topf wirft und alle erraten müssen, zu wem dieser Fakt gehört. Auf diese Weise kommen Gesprächsthemen auf, das Team lernt sich neu und besser kennen. Auch das Singen von Liedern bei Geburtstagen oder das Vortragen von (selbstgeschriebenen) Gedichten hat einen ähnlichen Effekt. Menschen werden stärker als Persönlichkeiten und weniger als "Kollege-A-forscht-zu-Thema-B" wahrgenommen.

Eine Möglichkeit, den Teamgeist zu erhöhen, sind außerdem Teambuilding-Spiele, bei denen ein gemeinsames Ziel erreicht werden soll. Beispielsweise eine Schatzsuche oder Schnitzeljagd, das klassische Bauen eines Floßes oder das Lösen eines "Escape Games". "Escape Games" eignen sich übrigens auch in Corona-Zeiten als Team-Buildingmaßnahme, da es hier auch Online-Anbieter gibt. Die Erfahrung, im Spiel erfolgreich zu sein und als Team etwas erreicht zu haben, kann einen positiven Spirit auf die übrige Zusammenarbeit übertragen.

Reflektion und Feedback

Nicht nur im Rahmen eines Teambuildings können Rollen reflektiert werden. Warum nicht die Arbeitswoche am Institut mit einem Theaterstück nachspielen? Im Rahmen des Spiels wird klar, wie Personen bestimmte Ereignisse erlebt haben und was ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist.

Auch Charakteristika von Forschungsteams können nachgespielt werden. Beide Spiele sind eher für Teams zu empfehlen, die sich bereits gut verstehen – und die bereit sind, am Freitag über den stressigen Mittwoch, an dem die Konferenzbeiträge in letzter Minute eingereicht wurden, zu lachen. Wichtig ist, dass niemand aus dem Team persönlich verletzt wird. Werden Erfahrungen auf humoristische Weise durch das Spielen aufgearbeitet, kann man die Woche mit viel Lachen schließen, hat sich noch länger etwas davon zu erzählen und erhält die gewonnen Erkenntnisse über die Zusammenarbeit besser im Gedächtnis als etwa in einem Reflexionsgespräch. Auch die Reflexion von Projektabschlüssen kann spannende Anhaltspunkte für weitere Verbesserungen oder Erfolgsstrategien zu Tage fördern.

Bei angespannten oder sogar Konfliktsituationen ist Sensitivität gefragt, weil die Situation durch ein so offenes Format wie ein Spiel schnell eskalieren kann. Ist jedem im Team durch eine gute Konfliktkultur dagegen bewusst, dass Spannungen natürlich sind und Konflikte konstruktiv gelöst werden sollen, können Spiele auch hilfreich sein. Es ist beispielsweise denkbar, Konflikte spielerisch zu simulieren, um Lösungsmöglichkeiten zu finden und Perspektivwechsel anzuregen. So könnten die Konfliktparteien beispielsweise in einer vorgegebenen Situation die jeweils andere Person spielen, um ein besseres Gefühl für die andere Seite zu bekommen.

Motivation zum Arbeiten und Lernen

Auch die Arbeit selbst kann mit spielerischen Elementen angereichert werden. So wäre es möglich, einen Wettbewerb zu veranstalten: Wer hat die beste Idee für einen Forschungsantrag, der besonders innovativ, nachhaltig, digital ist? In solchen Wettbewerben entfaltet sich mitunter ein enormes kreatives Potenzial. Spielerische Elemente wie kurze Quiz können in Lehrveranstaltungen genutzt werden, um den Lernerfolg von Studierenden zu erhöhen, und sogenannte "serious games" eingesetzt werden, um zum Beispiel per Videospiel die Regeln für die Arbeitssicherheit im Labor zu vermitteln.

Kreativität

Schließlich können Spiele auch genutzt werden, um in aktiven Pausen für neue Kreativität und Energie zu sorgen. Klassische Beispiele für Büro-Spiele sind Tischtennis oder Tischfußball. Durch die Beschäftigung mit etwas anderem als der Arbeit kann der Geist sich erholen – danach geht es mit "frischem Kopf" weiter.

Physische und Psychische Gesundheit

Solche aktiven Pausen fördern aber nicht nur die Kreativität, sondern auch die Gesundheit der Beschäftigten. Dazu können auch Sportturniere zählen, die den Beschäftigten einen Anreiz geben zu trainieren. Auch online sind solche Turniere umsetzbar – zum Beispiel in Form einer "Plank Challenge", ein kleiner Wettbewerb, bei dem es darum geht, wer am längsten in der "Plank Position" bleiben kann. Denkbar wäre auch ein Wanderpokal, den sich jede Woche das Teammitglied mit den meisten zurückgelegten Schritten aufstellen darf.

Auch die psychische Gesundheit kann durch Spiele gestärkt werden. Neben sportlichen Aktivitäten können Meditation und Achtsamkeit helfen, Stress am Arbeitsplatz abzubauen. Auch das kann spielerisch in den Arbeitsalltag eingebunden werden, zum Beispiel als Start oder Unterbrechung eines Meetings.

Umsetzung

Wichtig ist bei allen Arten des Spiels, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nichts übergestülpt wird; der Grad an Selbstbestimmung sollte hoch sein. Keiner sollte unter dem Zwang stehen mitzuspielen, dann verkehrt sich der positive Effekt der Spiele nämlich schnell ins Negative.

Eine gute Möglichkeit ist, Spiel-Vorschläge aus dem Team einzuholen. Das kann auch diejenigen motivieren, die zunächst skeptisch sind. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt – jeder präferiert bestimmte Spiele. Die Kunst ist, zu reflektieren, welche Spiele zum Team passen. Genauso ist die Frage, ob die Umsetzung der Spiele besser digital oder analog erfolgt, abhängig von der Teamstruktur und der vorherrschenden Arbeitsweise.

Bei der Umsetzung und Einhaltung gewisser Grenzen im Spiel sowie der Förderung einer Teamkultur, die Spiele erlaubt, ist gute Führung gefragt, zum Beispiel, wenn der Wettbewerb im Spiel sehr verbissen ist oder einzelne Personen nicht gut verlieren können. Teams sollten sich Spielregeln für ein respektvolles Miteinander beim Spielen setzen. Niederlagen und Misserfolge sportlich zu nehmen und aus ihnen zu lernen, ist auch für das Arbeitsleben eine wichtige Erfahrung.
Insgesamt plädieren wir auch im Wissenschaftsbereich dafür, die Arbeitskultur durch Spiele und Spaß aufzulockern – fördern Sie Ihre Kreativität und Produktivität indem Sie Ihre Batterien aufladen.

Literatur

Frey, D., Drozdzewski, S., & Stockkamp, M. (2020). Der Kern exzellenter Führung. Weiterbildung, 1/2020, 32-34.

Mollick, E. R., & Rothbard, N. (2014). Mandatory fun: Consent, gamification and the impact of games at work. The Wharton School research paper series.

Tews, M. J., Michel, J. W., & Stafford, K. (2013). Does fun pay? The impact of workplace fun on employee turnover and performance. Cornell Hospitality Quarterly, 54(4), 370-382.

Tucker, P. (2003). The impact of rest breaks upon accident risk, fatigue and performance: A review. Work & Stress, 17, 123–137.

Yang, C., Luo, L., Vadillo, M. A., Yu, R., & Shanks, D. R. (2021). Testing (quizzing) boosts classroom learning: A systematic and meta-analytic review. Psychological Bulletin. Advance online publication.