Deutscher Hochschulverband
BMBF-Reformpläne "nicht mehr als eine Grundlage"
Die vorgeschlagene Kürzung der Qualifizierungsphase für Post-Doktoranden von sechs auf drei Jahre "schadet wissenschaftlichen Karrieren nicht nur, sondern macht sie in vielen Fällen unmöglich", so kritisiert der Deutsche Hochschulverband (DHV) am Montag die Reformvorschläge des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für das Wissenschaftszeitvertragsgesetz.
Allgemein stellten die Reformpläne des BMBF zwar eine "solide Diskussionsgrundlage" dar, diese benötige jedoch "weiterer Erörterung". Das Bemühen um mehr Planbarkeit und Sicherheit für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Anfang ihrer Karrieren sei erkennbar. Zu prüfen sei allerdings, ob "die erweiterten Mitbestimmungsmöglichkeiten der Tarifpartner" unbeabsichtigte negative Auswirkungen haben könnten. "Bis die Eckpunkte des BMBF in einen Gesetzentwurf überführt werden, ist noch Zeit, inhaltliche Punkte weiter zu präzisieren", so DHV-Präsident Bernhard Kempen.
Sollte die Höchstbefristungsdauer für Post-Doktorandinnen und Post-Doktoranden nicht erhöht werden, seien die Bundesländer in der Pflicht, so der DHV: Sie müssten deutlich mehr Juniorprofessuren im Beamtenverhältnis mit einer Laufzeit von zweimal drei Jahren zur Verfügung stellen, um die unattraktiver gewordenen Stellen für Postdocs im Angestelltenverhältnis zu kompensieren.
Weitere kritische Stimmen aus der Wissenschaft
Am Freitag hatte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Professor Peter-André Alt seine "Sorge" anlässlich einzelner geplanter Neuerungen ausgedrückt. An den Reformvorschlägen sei das Bemühen erkennbar, "die Funktions- und Leistungsfähigkeit des deutschen Hochschulsystems zu erhalten" und die Planbarkeit von Wissenschaftskarrieren zu verbessern. Kritisch sah Alt allerdings ebenfalls die mit drei Jahren "eindeutig zu kurze Befristungsmöglichkeit in der Postdoc-Phase" sowie den Vorrang der Qualifikationsbefristung im Drittmittelbereich und die Öffnung der Tarifsperre. Dem deutschen Hochschul- und Wissenschaftsstandort könnten so Wettbewerbsnachteile entstehen.
Am Sonntag haben sich außerdem über 200 Professorinnen und Professoren in einem offenen Brief mit befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern solidarisch erklärt. Ihre "kaum mehr zumutbaren Arbeitsbedingungen drohen sich noch weiter zu verschlechtern", schreiben sie zu den Reformplänen des BMBF. Diese lieferten keine Antwort, wie nach einer erfolgreichen Qualifizierungsphase die Aussicht auf eine Festanstellung unterhalb der Professur verbessert werden könne. Forschende verließen in dieser Phase die Wissenschaft, die Kontinuität in der Lehre leide. In einer nun durch die Höchstbefristungsdauer auf drei Jahre begrenzte Postdoc-Phase, in der neben der Lehre und Forschung auch Drittmittel eingeworben, sowie Bücher und Artikel publiziert werden müssten, um sich für eine weitere wissenschaftliche Karriere zu empfehlen, bliebe noch weniger Zeit für Care-Arbeit und Familiengründung. Neben den Erstunterzeichnenden haben sich inzwischen über 700 weitere Professorinnen und Professoren der Solidaritätsbekundung angeschlossen.
Die Kritik der verschiedenen Akteure der Wissenschaft hat dafür gesorgt, dass das BMBF bereits am Sonntagabend über Twitter Staatssekretär Jens Brandenburg und Staatssekretärin Sabina Döring verkünden ließ, dass die Reformpläne weiter überarbeitet würden.
cpy
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