Eine in Blautönen gehaltene Illustration zeigt eine Frau mit Laptop, die auf einem Kalender sitzt und zahlreiche Zahnräder sie umgeben.
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WissZeitVG
Bundesrat begrüßt WissZeitVG-Reform

Der Bundesrat hat in einer Stellungnahme den WissZeitVG-Gesetzentwurf in großen Teilen gebilligt. Er forderte Einheitlichkeit und Transparenz ein.

21.05.2024

Am 17.05.2024 hat der Bundesrat zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft Stellung genommen. Der Gesetzentwurf sieht mehrere Änderungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) vor, die die Rahmenbedingungen für den Abschluss und die Dauer von befristeten Arbeitsverträgen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in verschiedenen Karrierestufen unterhalb der Professur betreffen.

In einer der kommenden Plenarsitzungen vor der Sommerpause steht die geplante Reform des WissZeitVG voraussichtlich zur ersten Lesung im Bundestag an. Laut einer Sprecherin des BMBF gegenüber "Forschung & Lehre" soll dies Anfang Juni (KW23) der Fall sein. Nach Auskunft der Pressestelle des Bundestags ist die Lesung des Gesetzentwurfs allerdings bislang noch nicht terminiert. 

Bei dem Gesetz handelt es sich nicht um ein Zustimmungs- sondern um ein Einspruchsgesetz. Daher muss anschließend der Bundesrat noch einmal beteiligt werden, er kann das Gesetz aber nicht abschließend blockieren.

Grundsätzliche Unterstützung des Bundesrates 

Der Bundesrat unterstützt die Zielsetzungen des Gesetzentwurfs, insbesondere die Erhöhung der Verlässlichkeit, Planbarkeit und Transparenz von wissenschaftlichen Karrieren. Er betont jedoch die Notwendigkeit klarer und einheitlicher Regelungen, um die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems zu erhalten und zu fördern. 

Unter anderem begrüßt der Bundesrat in seiner Stellungnahme die Einführung einer bundesweiten Mindestvertragslaufzeit von drei Jahren für befristete Arbeitsverträge in der Promotionsphase. Diese Regelung entspreche den Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und habe sich in einigen Bundesländern bereits bewährt.

Ebenso positiv bewertet der Bundesrat die Einführung einer zweijährigen Mindestvertragslaufzeit für Arbeitsverträge in der Post-Doc-Phase, da sich dies in den Ländern, die bereits eine solche Mindestvertragslaufzeit anwenden, in der Praxis als erfolgreich erwiesen habe: "Die Evaluation der entsprechenden Verträge in den Ländern hat ergeben, dass die Regelung einer dreijährigen Mindestvertragsdauer sich in der Befristungspraxis der Hochschulen niederschlägt", wird die Begründung in der Stellungnahme ausgeführt.

Mindestumfang, Grenzen und Frist-Verlängerungsoptionen 

Der Bundesrat begrüßt die Festlegung eines Mindestumfangs für befristete Arbeitsverträge auf ein Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit. Diese Regelung ermögliche weiterhin die Bereitstellung von Stellen mit einem Umfang von einem Viertel der regulären Arbeitszeit.

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Verlängerung der Höchstbefristungsdauer für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die pflegebedürftige Angehörige betreuen, wird vom Bundesrat als sinnvolle Unterstützung pflegender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angesehen. 

Auch die vorgesehene Verlängerung der Höchstbefristungsdauer für studienbegleitende Hilfskrafttätigkeiten von bisher sechs auf nunmehr acht Jahre ermögliche Studierenden mehr Flexibilität und verhindere, dass sie während der Abschlussphase ihres Studiums ihre Hilfskrafttätigkeiten aufgeben müssten. 

Anregungen und Appelle an die Bundesregierung

Bundeseinheitliche Befristungsregelungen
Der Bundesrat appelliert an die Bundesregierung, bundeseinheitliche Befristungsregelungen beizubehalten, um eine Zersplitterung des Wissenschaftssystems zu vermeiden und die Übergänge zwischen Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen zu gewährleisten.
Höchstbefristungsdauer in der Post-Doc-Phase
Zu der im Gesetzentwurf vorgesehene "4plus2-Regelung" in der Post-Doc-Phase äußert sich der Bundesrat nur indirekt. Nach dieser geplanten Neuregelung soll die mögliche Höchstbefristungsdauer als Postdoc statt wie bisher auf sechs künftig auf vier Jahre begrenzt werden. Ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis für bis zu zwei Jahre soll nur möglich sein, wenn dieses mit einer Zielvereinbarung und einer Anschlusszusage auf ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis bei Erfüllung der Ziele einhergeht.
Der Bundesrat regt an, für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich habilitieren, eine Option zu schaffen, die Höchstbefristungsdauer in der Post-Doc-Phase bei sechs Jahren zu belassen, auch ohne Anschlusszusage.
Auswirkungen eines Vorrangs der Qualifizierungsbefristung
Der Bundesrat äußert zudem Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen eines Vorrangs der Qualifizierungsbefristung vor der Drittmittelbefristung und bittet um Prüfung und Klarstellung. Er bittet außerdem zu prüfen, ob der Vorrang der Qualifizierungsbefristung vor der Drittmittelbefristung auch bei Drittmittelvorhaben ohne Qualifikationsziel erfüllt sei. Zudem sollte klar definiert werden, welcher Zeitraum unter den Qualifizierungsvorrang fällt und wie dies in Bezug auf Drittmittelprojekte gehandhabt wird.
Spezifizierung des Begriffs "Anschlusszusage"
Es wird angeregt, den Begriff der Anschlusszusage im Gesetz zu definieren, um Missverständnisse zu vermeiden und klarzustellen, welche Art von Beschäftigungsverhältnissen darunterfallen: „Ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis könnte auch das einer wissenschaftlichen Hilfskraft sein. Gemeint sein dürfte eher eine Stelle im Bereich der akademischen Lehre, Wissenschaftsverwaltung oder gar eine Professur“.
Tarifsperre
Die geplante teilweise Abschaffung der Tarifsperre im WissZeitVG lehnt der Bundesrat ab. Die Tarifsperre solle die Transparenz und Planbarkeit von Karrieren fördern: "Durch die Tarifsperre wird einer Zersplitterung des Wissenschaftssystems durch unterschiedliche Regelungen in den Ländern vorgebeugt und die Übergänge und Wechselmöglichkeiten innerhalb der Wissenschaft zwischen Hochschulen und zu außerhochschulischen Forschungseinrichtungen werden gewährleistet", heißt es dazu in der Stellungnahme.
Finanziellen Auswirkungen auf die Landeshaushalte
Der Bundesrat fordert eine präzisere Darstellung der finanziellen Auswirkungen auf die Landeshaushalte. Der Gesetzentwurf sieht einen Erfüllungsaufwand von 133.000 Euro für die Hochschulen und Mehrkosten von 8,53 Millionen Euro für familienbedingte Ausfallzeiten vor. Diese Mehrkosten erscheinen laut Bundesrat nicht ausreichend validiert. Die Berechnungen des Bundes zu den Mehrkosten und Einsparungen bedürfen einer genaueren Prüfung.

Erst kürzlich äußerte sich Professor Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Heidelberg und Vorsitzender des Wissenschaftsrats, gegenüber "Forschung & Lehre" positiv über das politische Vorhaben, die Befristungspraxis anzupassen: "Die Politik hat erkannt, dass die Befristungspraxis während und nach der Promotion unattraktiv ist, und geht dies mit der aktuellen Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes an. Aber eine gute arbeitsrechtliche Lösung, die alle Beteiligten zufriedenstellt, ist nicht leicht zu finden, das zeigt sich an den Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess". 
Der Gesetzentwurf habe das Ziel, dass die Qualifizierungsphasen nur so lange wie nötig seien und kurze Kettenverträge verhindert würden. Es brauche mehrere Ziele und Wege für eine berufliche Laufbahn an den Hochschulen. Die starke Fokussierung auf die Professur beeinträchtige die Attraktivität einer Tätigkeit in der Wissenschaft, so Wick. 

Themen-Schwerpunkt: WissZeitVG 

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) regelt die Befristungsdauer von Anstellungsverträgen in der Wissenschaft. Es ist umstritten, weil es wissenschaftliche Karrieren wenig planbar gestaltet. Im Themen-Schwerpunkt WissZeitvG von "Forschung & Lehre" finden Sie ausgewählte Beiträge zur Diskussion und Reformvorschlägen – darunter auch ein Blick auf die Positionen der Fraktionen zum Gesetz.

cva