Foto von Professor Walter Homolka
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Abraham Geiger Kolleg
Gründer der Rabbinerschule zieht sich nach Vorwürfen zurück

Die Rabbinerschule in Potsdam und ihr Gründer Walter Homolka stehen in der Kritik. Dieser macht nun den Weg für eine Neuausrichtung frei.

06.12.2022

Nach Vorwürfen gegen die Rabbinerschule Abraham Geiger Kolleg in Potsdam zieht sich der Gründer und frühere Rektor, Professor Walter Homolka, aus der Leitung zurück. Er mache den Weg frei für eine Umgestaltung der Rabbinerausbildung, die Leitung gehe in neue Hände über, sagte Homolka laut einer Mitteilung des Abraham Geiger Kollegs vom Montagabend. Die liberale Rabbinerausbildung soll neu strukturiert werden und in eine Stiftung übergehen.

"Ich sehe meinen künftigen Tätigkeitsschwerpunkt in der wissenschaftlichen Forschung und als Professor der Universität Potsdam. Der Stiftung werde ich aber nicht angehören. Die Leitung der Rabbinerausbildung geht 2023 in neue Hände über", sagte Homolka in der Mitteilung. "Wichtig ist dabei, dass das Rabbinerseminar seine Arbeit ungestört und erfolgreich weiter fortsetzen kann – progressiv und unabhängig."

Die Interimsdirektorin am Kolleg, Gabriele Thöne, kündigte an, dass mit einer neuen Stiftungsstruktur Aufsichtsgremien sowohl für religiöse als auch für Verwaltungsfragen eingerichtet würden. "Ich bin optimistisch, dass ich die neue Struktur öffentlich vorstellen kann, sobald die laufenden Gespräche abgeschlossen sind. (...)." Angesichts des Rückzugs Homolkas sagte Thöne, die Verdienste des Rabbiners für das Liberale Judentum in Deutschland seien unbestritten. "Jetzt stellen wir uns noch breiter auf."

Hintergrund der Neustrukturierung der Rabbinerschule

Gegen das Potsdamer Abraham Geiger Kolleg und das Institut School of Jewish Theology an der Universität Potsdam waren eine Reihe von Vorwürfen laut geworden, die sich unter anderem auch gegen Homolka richteten. Die Universität Potsdam sieht den Vorwurf von Machtmissbrauch am Institut für Jüdische Theologie nach Prüfung einer Kommission als bestätigt an – nicht aber den der Duldung sexualisierter Belästigung durch einen Dozenten am Kolleg. Homolka wandte sich stets gegen die Anschuldigungen. Nach der Prüfung von Vorwürfen ist er wieder offiziell als Professor im Dienst der Universität.

In einem Interview der Wochenzeitung "Die Zeit" hatte Rabbiner Homolka im Oktober von Rufmord gesprochen. Er sei kein Vertuscher und kein Belästiger. "Alle Vorwürfe gehen letztlich auf einen ersten zurück: Ich hätte vertuscht, dass mein Lebenspartner, der auch am Kolleg arbeitete, einen pornografischen Clip an einen Studenten versendet hat. Wahr ist, es gab den Clip", sagte Homolka im Interview. Er habe aber erst davon erfahren, als ein Student den Vorfall beim Kolleg und bei der Polizei angezeigt habe. Deren Ermittlungen seien wegen Geringfügigkeit eingestellt worden.

Das selbstständige Abraham Geiger Kolleg und das Universitäts-Institut in Potsdam hängen zusammen: Künftige liberale Rabbiner lernen an beiden zugleich. Zu Förderern und Unterstützern des Abraham Geiger Kollegs gehören unter anderen das Bundesbildungsministerium, die Kultusministerkonferenz, das Land Brandenburg und der Zentralrat der Juden in Deutschland. Homolka erhielt 2015 für seine Verdienste um die Ausbildung von Rabbinern in Deutschland das Bundesverdienstkreuz.

Ergebnis weiterer Untersuchung noch ausstehend

Am Mittwoch wird das Ergebnis einer Untersuchung zu Vorwürfen am Kolleg veröffentlicht, die vom Zentralrat der Juden in Deutschland in Auftrag gegeben wurde. Am Dienstag teilte der Rechtsanwalt David Geßner von einer Berliner Kanzlei, die Homolka vertritt, schriftlich mit: "Im Rahmen des Prüfungsauftrags wurde unserem Mandanten ein Fragenkatalog mit schweren Vorwürfen übersandt." Diese stellten sich der Kanzlei zufolge als haltlos heraus. In der Mitteilung hieß es weiter, sollte das Untersuchungsergebnis "die aussagekräftige Stellungnahme unseres Mandanten nicht berücksichtigen, würde eine massive Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegen, gegen welche rechtliche Schritte einzuleiten wären".

Der Zentralrat der Juden hatte die Anwaltskanzlei Gercke Wollschläger mit der Erstellung einer Untersuchung beauftragt. Das Ergebnis soll am Mittwoch in Form einer "Executive Summary" (Zusammenfassung) veröffentlicht werden, wie es in der Ankündigung hieß. Einen umfassenden Bericht gebe es dann zum Beginn des kommenden Jahres.

dpa/ckr