Links im Bild ist die europäische Flagge zu sehen, rechts eine brünette Frau, die in ein Mikrofon spricht.
Christophe Likoppe/Europäische Union

EU-Förderprogramme
"Horizon 2020" war laut Auswertung unterfinanziert

Iliana Ivanova teilte dem EU-Parlament eine Budgetlücke von 159 Milliarden mit. Erste Ergebnisse einer "Horizon 2020"-Auswertung.

26.01.2024

Dass die Auswertung des Förderprogramms "Horizon 2014-2020" mit der Feststellung einer enormen Budgetlücke in wenigen Tagen veröffentlicht würde, verkündete die EU-Kommissarin für Forschung und Innovation, Iliana Ivanova, am 23. Januar vor dem EU-Parlament. Die Ergebnisse "werden in die strategische Anpassung des Programms 'Horizon Europe' für die Jahre 2025-2027 sowie zukünftige Überlegungen einfließen", so Ivanova. 

"Wir haben noch einen langen Weg vor uns, um die Lücke zu schließen" 

Das EU-Förderprogramm habe laut Ivanova im Zeitraum 2014-2020 insgesamt mehr als eine Million Bewerbungen aus 107 Ländern ausgelöst. Letztlich seien etwa 35.000 Projekte mit 40.000 involvierten Organisationen in sieben Jahren gefördert worden. Um alle förderungswürdigen Projekte unterstützen zu können, hätten gemäß Ivanovas Ausführungen vor dem Parlament weitere 159 Milliarden Euro zur Verfügung stehen müssen: "Wir haben noch einen langen Weg vor uns, um diese Lücke zu schließen", so die Forschungs-Kommissarin. 

Jeder Euro, der in "Horizon 2020" investiert worden sei, habe für die EU-Bevölkerung etwa fünf Euro pro Kopf bis 2024 eingebracht, führte Ivanova weiter aus. Die teilnehmenden Länder hätten direkt vom Förderprogramm profitiert. Dies sei am Anstieg der Wirtschaftsleistung in Form von wachsenden Beschäftigungszahlen (durchschnittlich 20 Prozent) sowie Umsatzsteigerungen von rund 30 Prozent im Vergleich zu nicht teilnehmenden Nationen klar zu erkennen. 

Zahlreiche wissenschaftliche Durchbrüche und die Unterstützung von 35 Nobelpreisgewinnerinnen und Nobelpreisgewinnern seien durch das Förderprogramm zu verzeichnen. Entstandene Forschungsergebnisse würden doppelt so oft zitiert als der globale Durchschnitt. 

Ivanova statiert Herausforderungen und Prioritäten für die Zukunft 

Bestehende Herausforderungen seien laut der Forschungs-Kommissarin beispielsweise eine Vereinfachung des Antragsprozesses, eine Ausweitung der Teilnahmemöglichkeiten, eine verbesserte Verwertung der erzielten Forschungsergebnisse, die Nutzung von Synergien mit anderen Forschungs-Förderprogrammen sowie eine ausgeglichene Verteilung des Budgets auf die Länder. 

Vom "Horizon 2020"-Programm seien beispielsweise nur acht Prozent der Fördermittel an Drittstaaten gegangen. Es gelte, mittels des Förderprogramms die Forschungs- und Innovationslücke zwischen leistungsstarken und rückständigeren Ländern zukünftig zu schließen. Man habe zudem im Rahmen des "Widening Programmes" für 2024 das Ziel, 19 neue Staaten in die Projektförderung aufzunehmen, darunter Großbritannien und Kanada. 

ERC fordert erhöhtes Budget und Autonomie-Schutz 

In einer Stellungnahme des Europäischen Forschungsrats (ERC) vom 24. Januar heißt es mit Blick auf die Zukunft: "Angesichts des zunehmenden globalen Wettbewerbs läuft Europa die Zeit davon, seinen Wettbewerbsvorsprung in der globalen Wissenschaft und Technologie zu behaupten. (…) Ein wesentlicher Schritt ist die Modernisierung des langfristigen EU-Haushalts und die Verdoppelung der Ausgaben für Forschung und Innovation im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen." "Es hängt wirklich davon ab, was Europa will", sagte Maria Leptin, Präsidentin ERC gegenüber Science Business. "Wir sagen immer wieder, dass wir führend in Wissenschaft und Innovation sind. Sind wir?" 

Der ERC zeigt sich zudem in seiner Stellungnahme besorgt über zukünftige Einmischungen seitens der EU-Kommission in ihr Vergabeverfahren, beispielsweise durch Autonomieverlust bei der Förderung kritischer Technologiebereiche wie innovative Halbleiter, künstliche Intelligenz, Quantentechnologien oder Biotechnologie. All dies seien Bereiche, in denen Pionierforschung, wie sie vom ERC gefördert werde, noch notwendig sei. 

Zweiter Strategieplan für "Horizon Europe" in der Phase 2025-2027 

Der zweite strategische Plan für Horizont Europa, der die Jahre 2025 bis 2027 abdeckt, werde im März verabschiedet, sagte Ivanova. Sie versprach, dass er einfacher, evidenzbasiert, transparenter und wirkungsorientiert sein würde. An der Strategieentwicklung seien das Europäische Parlament sowie mehr als 2.000 inhaltlich betroffene Interessierte per Online-Konsultation beteiligt gewesen. 

Der strategische Plan orientiere sich an den drei Prioritäten der Kommission: der grüne und der digitale Wandel sowie Schaffung eines widerstandsfähigeren, wettbewerbsfähigeren, integrativeren und demokratischeren Europas. Das Konzept der offenen strategischen Autonomie und der Entwicklung und Bereitstellung kritischer Technologien werde laut Ivanova als übergeordnetes Prinzip verankert sein. 

Die Kommission hat sich außerdem verpflichtet, in den letzten drei Jahren zehn Prozent des "Horizon-Europe"-Budgets für Themen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt bereitzustellen (bisher 7,5 Prozent). Unabhängig davon solle Anfang 2025 die Halbzeit-Bewertung von "Horizon Europe" veröffentlicht werden.

cva