Ein Portemonnaie ist zu sehen aus dem eine Hand einen Fünf- und einen Zehn-Euro-Schein rausholt.
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Studienfinanzierung
Paritätischer und DSW fordern BAföG-Nachbesserungen

Mehr als ein Drittel aller Studierenden ist arm. Entgegen ursprünglicher Pläne ist nun doch eine Erhöhung der BAföG-Sätze vorgesehen.

06.06.2024

Fast 36 Prozent aller Studierenden sind von Armut betroffen, ihre Armutsquote liegt damit deutlich über derjenigen für die Gesamtbevölkerung in Deutschland von 14,4 Prozent. Das ist das Ergebnis einer Kurzexpertise der Paritätischen Forschungsstelle, die der Paritätische Gesamtverband heute vorstellt. Gemeinsam mit dem Deutschen Studierendenwerk (DSW) fordert der Wohlfahrtsverband nun eine substanzielle Nachbesserung bei der kommenden BAföG-Novelle. Dazu müssten die für die Reform zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel von 150 Millionen Euro voll ausgeschöpft werden. Sowohl der Paritätische als auch das Deutsche Studierendenwerk sind heute zur Sachverständigenanhörung zum BAföG im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Bundestages eingeladen.

Aus der Kurzexpertise des Paritätischen geht hervor, dass die Zahl der geförderten Studierenden zwischen 2012 und 2022 von 18,7 Prozent auf 11,7 Prozent zurückgegangen sei, während die Gesamtanzahl an Studierenden gestiegen sei. Der Rückgang der Förderquoten gehe mit einer hohen Armutsbetroffenheit einher: Betrachte man lediglich Studierende, die alleine oder in WGs mit anderen Studierenden leben, seien 8 von 10 Studierenden arm. Ebenfalls seien 59 Prozent aller allein- oder in WGs lebenden Studierenden 2023 mit den Wohnkosten überlastet, da sie mehr als 40 Prozent ihres monatlich zur Verfügung stehenden Geldes allein fürs Wohnen aufwenden müssten. Joachim Rock, Leiter der Abteilung "Soziales und Europa" und designierter Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes erklärt dazu: "Eine Konzentration auf das Studium ist so nicht möglich, gerade sozial benachteiligte junge Menschen leiden darunter."

"Eine Konzentration auf das Studium ist so nicht möglich."

Joachim Rock vom Paritätischen Gesamtverband

Erhöhung der Bedarfssätze und Wohnkostenpauschale

Der Paritätische Gesamtverband und das Deutsche Studierendenwerk vermissen im Gesetzentwurf des Bildungsministeriums für eine 29. BAföG-Novelle insbesondere eine Erhöhung der Bedarfssätze und der Wohnkostenpauschale. Sie fordern, dass die Bedarfssätze an das Bürgergeld angepasst werden und gesetzlich festgeschrieben regelmäßig erhöht werden, wie es bei anderen staatlichen Leistungen gang und gäbe sei. Der DSW-Vorstandsvorsitzende Matthias Anbuhl ergänzt: "Das Geld für eine substanzielle Nachbesserung, an erster Stelle eine Erhöhung der BAföG-Bedarfssätze und der Wohnkostenpauschale, steht bereit, 150 Millionen Euro vom Bundestags-Haushaltsausschuss. Und das Bundesministerium für Bildung und Forschung will es nicht vollumfänglich nutzen? Vielen Studierenden steht finanziell das Wasser bis zum Hals." 

Nachbesserungen bei Bedarfssätzen und Wohnpauschale hatte auch der Bundesrat vorgeschlagen. Nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) beschloss das Bundeskabinett nun eine sogenannte Formulierungshilfe für die Fraktionen im Bundestag mit Änderungen an der von der Ampel-Koalition geplanten BAföG-Reform: Entgegen ursprünglicher Pläne des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sei nun auch eine Erhöhung der Sätze um rund fünf Prozent geplant.

Erhöhung der Sätze um 5 Prozent

Das Bafög war zuletzt zum Wintersemester 2022/23 um 5,75 Prozent erhöht worden. Der Grundbedarfssatz für Studierende lag seitdem bei 452 Euro plus einer Wohnkostenpauschale für diejenigen, die nicht mehr bei den Eltern wohnen, in Höhe von 360 Euro. Der Grundbedarf soll laut dpa nun auf 475, die Wohnpauschale auf 380 Euro angehoben werden. Zusammengerechnet würde der Höchstsatz also von 812 auf 855 Euro steigen.

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Oliver Kaczmarek, sagte gegenüber der dpa am Mittwoch: "Die von der SPD-Fraktion forcierte Einigung in der Koalition ist ein wichtiges Signal an alle, die sich auf das BAföG verlassen können müssen: Sie bleiben mit gestiegenen Kosten nicht allein. Die Nullrunde ist abgewendet." Der Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses, Kai Gehring (Grüne), sagte: "Mit der dritten BAföG-Reform dieser Wahlperiode gibt es ein Plus von drei Mal fünf Prozent - bei Bedarfssätzen, Wohnkostenpauschale und Freibeträgen."

Der DSW-Vorstandsvorsitzende Matthias Anbuhl habe angesichts der Änderungen von einem wichtigen politischen Signal gesprochen. Fünf Prozent höhere Sätze seien besser als eine Nullrunde. Die Nachbesserungen seien insgesamt aber noch zu schwach.

dpa/hes