Universität Halle-Wittenberg
Dienstenthebung von Virologe Kekulé rechtmäßig
Die Entscheidung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, den Virologen Alexander Kekulé aus dem Dienst zu entheben, ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Magdeburg richtig gewesen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) handelt es sich bei der am Donnerstagabend veröffentlichten Entscheidung zu einem Professor der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg um den in der Corona-Pandemie bundesweit bekannt gewordenen Wissenschaftler. Der 64-Jährige soll nach Ansicht der Uni Halle seine Lehrverpflichtungen nicht ausreichend erfüllt haben. Kekulé selbst hat sich bislang nicht geäußert.
Die Uni hatte bereits im Dezember 2021 eine "vorläufige Dienstenthebung" erlassen. Seitdem darf Kekulé an der Uni nicht mehr forschen und lehren. Im April 2022 hatte die Universität nach Angaben des Gerichts zufolge entschieden, 20 Prozent seiner Dienstbezüge einzubehalten. Kekulé hatte sich mit einem Antrag auf vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz an das Verwaltungsgericht in Magdeburg gewandt.
Das Gericht sah aber laut Mitteilung vom Donnerstagabend "keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit" der Dienstenthebung. Es sei derzeit "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Antragsteller ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen habe", hieß es in der Mitteilung. Dies rechtfertige die Prognose, "dass der Antragsteller wahrscheinlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werde".
Vorwurf: Verletzung von Lehrverpflichtung
Das Gericht bezog sich auf Unterlagen zu disziplinarrechtlichen Ermittlungen. Diese ließen den Schluss zu, dass der Professor seiner Lehrverpflichtung im Sommersemester 2020 nicht selbst nachgekommen sei, sondern die Durchführung der Vorlesungen delegiert habe.
Weiter hieß es: "In diesem Zusammenhang sei kritisch zu beleuchten, dass der Antragsteller aus einem zeitweiligen Krankenstand heraus zwar an der Erstellung verschiedener Podcast-Folgen mitgewirkt, aber eine Vorbereitung digitaler Vorlesungen unterlassen habe". Kekulé hat beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) einen Podcast, bei dem er sich zu Fragen rund um die Pandemie äußert. Die jüngste Folge ist am 13. Juli dieses Jahres erschienen.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom Montag ist noch nicht rechtskräftig. Den Angaben des Gerichts zufolge handelt es sich um ein sogenanntes vorläufiges Rechtsschutzverfahren. Eine mündliche Verhandlung habe es nicht gegeben. Kekulé kann demnach gegen die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen Beschwerde einlegen. Geschehe dies, bleibe die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt abzuwarten, erklärte eine Sprecherin der Uni Halle am Freitag auf Anfrage der dpa.
Beamtenrecht klärt Vorgaben zu Dienstenthebung
Die Entscheidung des Verwaltungsgericht Magdeburg bestätige, dass die Lehrpflicht eines Hochschullehrers eine Kernaufgabe seines Dienstverhältnisses sei und dass deren Verletzung – je nach den Umständen des Einzelfalls – die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen könne, hieß es. Zu Personalangelegenheiten äußere sich die Universität nicht, so die Sprecherin.
Eine vorläufige Dienstenthebung kann laut Beamtenrecht ab Einleitung eines Disziplinarverfahrens ausgesprochen werden. Damit ist es dem Beamten vorläufig untersagt, seine Dienstgeschäfte weiterzuführen. Laut Bundesinnenministerium ist die Maßnahme vor allem für solche Fälle vorgesehen, in denen damit zu rechnen ist, "dass im Disziplinarverfahren voraussichtlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen werden wird".
Dienstenthebungen vergleichsweise seltener Schritt
Hochschulleitungen können sich einer Reihe von Disziplinarmaßnahmen gegen ihre Mitarbeitenden bedienen, ob angestellt oder verbeamtet. Dienstenthebungen sind eine der härtesten Maßnahmen. Ein kürzlich von der Humboldt-Universität entlassener Mitarbeiter wehrt sich aktuell vor Gericht gegen seine außerordentliche Kündigung. Ihm war verbaler sexueller Missbrauch vorgeworfen worden. Gegen einen weiteren Mitarbeiter der Universität läuft ein internes Disziplinarverfahren. Auch er ist der sexuellen Belästigung beschuldigt.
Ein weiteres öffentlich bekannt gewordenes Disziplinarverfahren wurde im März an der Universität zu Köln eingeleitet. In diesem Fall entschied sich die Hochschule für eine mildere Disziplinarmaßnahme. Die Hochschulleitung entzog einer Professorin per Dienstanordnung die Weisungsbefugnis gegenüber 17 Doktorandinnen und Doktoranden. Als Begründung gab die Universität Machtmissbrauch durch die Professorin an. Die Kölner Professorin wehrte sich vor Gericht mit einem Eilantrag und einer Klage gegen die Dienstanordnung. Der Eilantrag wurde abgelehnt, der Hochschulleitung aber nicht in allen Teilen Recht gegeben. Ein Urteil im Verfahren steht noch aus.
dpa, cle, kas