Vortragende steht am Rednerpult des Audimax der Universität Duisburg-Essen vor einem Plakat von "End Fossil: Occupy!".
picture alliance/dpa | Christoph Reichwein

Klimaprotest
Klimaaktivisten besetzen weiterhin Hörsäle

An vielen Hochschulen in Deutschland werden aus Protest gegen fossile Energien Hörsäle besetzt. Ein Blick auf die Kampagne "End Fossil: Occupy!".

17.11.2022

Studierende sowie Aktivistinnen und Aktivisten besetzen dieser Tage immer wieder Hörsäle an Hochschulen und Schulen in Deutschland und darüber hinaus. Begonnen haben die Besetzungen vor etwas mehr als drei Wochen an der Universität Göttingen. Die einzelnen Gruppen junger Menschen ordnen sich der Kampagne "End Fossil: Occupy!" zu und fordern das Ende der fossilen Energiewirtschaft. Einige Hochschulleitungen lassen sie gewähren unter dem Vorbehalt, dass der Ablauf des Lehrbetriebs nicht gestört werde.

Seit Montag sind beispielsweise Hörsäle der Universität Marburg, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Hochschule Nürnberg für Musik besetzt. In der letzten Woche waren es etwa Hörsäle an den Universitäten Regensburg, Erlangen und Duisburg-Essen. Die Universität zu Köln hat Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten vom 7. bis 18. November einen Saal in ihrem Hauptgebäude zur Verfügung gestellt, wo diese nach eigenen Angaben ein "Klimabildungsprogramm" anbieten.

Besetzte Hörsäle in Marburg, Karlsruhe und Nürnberg

In Marburg haben etwa 30 Studierende seit Montagnachmittag den großen Hörsaal der Philipps-Universität besetzt. Wie die Hochschule am Donnerstagmorgen mitteilte, habe sich das Präsidium für eine Duldung der Besetzung bis Freitagmittag ausgesprochen. Ursprünglich hätten die Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten das Audimax bereits Dienstag wieder verlassen sollen. Das Präsidium dulde die Besetzung unter Auflagen und der Forderung, dass der reguläre Vorlesungsbetrieb nicht gestört werde. Diese seien eingehalten worden, so dass alle geplanten Veranstaltungen in dem Raum hätten stattfinden können. Das Präsidium habe sich schon mehrfach mit den Besetzerinnen und Besetzern zu Gesprächen getroffen.

Auch bei der Besetzung des Audimax des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) scheint die Hochschulleitung tolerant zu sein. Zunächst wurde verschiedenen Medien zufolge eine Frist bis Dienstag 12 Uhr vereinbart, aber auch darüber hinaus wurden die Protestierenden weiterhin geduldet. Zu Beginn des Protestes hieß es vom KIT, dass es keinen Anlass sehe, den Protest der Studierenden zu beenden. Der Lehrbetrieb sei nicht beeinträchtigt, da Vorlesungen in Anwesenheit der Aktivistinnen und Aktivisten ohne Beeinträchtigungen stattfänden. Außerdem gehörten erneuerbare Energien zu den großen Forschungsthemen des KIT. Zu den Forderungen der Gruppe gehöre, dass der Strombedarf des Campus Nord komplett aus regenerativer Energie gedeckt werden soll. Insgesamt sollten erneuerbare Energien am KIT ausgebaut werden. Auch wollten die Studierenden das Energie- und Klimaschutzkonzept des KIT mitgestalten.

An der Hochschule für Musik in Nürnberg, wo ebenfalls seit Montag ein Hörsaal besetzt wird, erklärte der Hochschulpräsident Professor Rainer Kotzian am Mittwoch, dass Klimaschutz eine gesellschaftliche Aufgabe sei, der sich auch die Hochschule widme. Die Aktivistinnen und Aktivisten hätten eine Besetzung des Hörsaals bis einschließlich Donnerstag angekündigt und die Leitung der Hochschule stehe in täglichem Kontakt mit ihnen. Die Gruppe wolle eine Plattform für den Austausch zu Themen der Nachhaltigkeit anbieten.

Aktionen der vergangenen Woche beendet

Die Besetzung der Hörsäle an den Universitäten Duisburg-Essen, Erlangen und Regensburg endeten vergangenen Freitag, nachdem die Hochschulleitungen die Räume bis zu diesem Tag zur Verfügung gestellt hatten. In Duisburg wollen die Aktivistinnen und Aktivisten die Diskussion über eine klimagerechte Zukunft aber fortsetzen, wie die Ortsgruppe "EndFossil Occupy! Duisburg" auf Twitter mitteilte. Eine Diskussionsrunde mit dem Rektorat der Hochschule sei in der kommenden Woche geplant.

Während sich die Hochschulleitungen und Studierenden bislang weitgehend unterstützend oder tolerant gegenüber den Aktionen zeigten, kam auch vereinzelt Kritik an den Besetzungen auf. So kritisierte beispielsweise der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) Baden-Württemberg die Besetzung des Hörsaals des Audimax am KIT "aufs Schärfste", da er sich gegen jede Störung der freien Lehre stelle, wie er am Dienstag mitteilte. Der RCDS lässt dabei die Mitteilung des KIT außer Acht, dass der Lehrbetrieb nicht gestört werde und kritisierte nicht nur die Aktivistinnen und Aktivisten, sondern auch die Hochschulleitung: Es sei eine Schande "schon wieder zusehen zu müssen, wie eine Universitätsleitung sich von einer Minderheit von Klima-Extremisten gängeln lässt."

Derweil herrschte in Erlangen offensichtlich keine Einigkeit hinsichtlich des Endes der Besetzung des Hörsaals am vergangenen Freitag: Die Aktivistinnen und Aktivisten hatten Programm bis 23 Uhr vorgesehen und wollten erst dann die Besetzung beenden. Nachmittags teilte die Ortgruppe auf Twitter die Information, dass die Hochschulleitung mit polizeilicher Räumung drohe, sollte die Besetzung nicht bereits um 18 Uhr beendet sein.

Auch im Ausland werden derzeit Hörsäle besetzt, etwa seit vergangener Woche in Barcelona oder seit Mittwoch in Wien. Laut der österreichischen Zeitung "Der Standard" besetzen Aktivistinnen und Aktivisten der Gruppe "Erde brennt", die sich auch der Kampagne "End Fossil" zuordne, einen Hörsaal der Universität Wien. Auf der Webseite von "End Fossil: Occupy!" sind darüber hinaus weitere internationale Standorte von Besetzungen an Universitäten und Schulen angegeben, etwa in Paris, London, Lissabon und Kopenhagen sowie in den Vereinigten Staaten von Amerika. Für Deutschland kündigt die Kampagne bis in den Dezember hinein Uni- und Schulbesetzungen in über 20 Städten an. Die Demonstrantinnen und Demonstranten wollen mit ihrer Aktion auf den Klimawandel aufmerksam machen. Sie fordern unter anderem eine Verkehrswende und die Abkehr von fossilen Energieträgern.

cpy