Außenministerin Annalena Baerbock spricht in der Debatte zum Haushalt im Bundestag.
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Kürzungen in der Wissenschaftsförderung
Fachverbände kritisieren Kürzungen des Bundes

Die Haushaltsdebatten laufen, dabei geht es auch um die Finanzierung von Wissenschaft und Forschung. Verbände fordern die Rücknahme der Kürzungspläne.

15.09.2022

Die Kritik an den Einsparungen in der Wissenschaftsfinanzierung der Bundesregierung reißt nicht ab: Die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), der Verband der Osteuropahistorikerinnen und -historiker und die Südosteuropa-Gesellschaft haben sich am Montag in einem Offenen Brief an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und die Abgeordneten des Bundestags gewendet. Die Organisationen haben ihre Besorgnis darüber ausgedrückt, dass die Mittel des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD), der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) und des Goethe-Instituts im Haushalt für 2023 deutlich gekürzt werden sollen. Eine Mittelkürzung sei "ein absolut falsches Signal an die internationale Gemeinschaft", so die Fachgesellschaften.

Der internationale wissenschaftliche und zivilgesellschaftliche Austausch werde durch die Kürzungen massiv beschränkt. Dabei wären internationale Kontakte angesichts der aktuellen globalpolitischen Lage besonders wichtig, etwa in Hinblick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, worauf die Initiatoren des Offenen Briefs als Osteuropa-Expertinnen und -Experten besonders hinweisen.

Nationale und internationale Folgen der Kürzungspläne

Kürzungen beträfen die Zivilgesellschaften in autoritär regierten Ländern wie Russland und Belarus, mit denen eine Verständigung auf offizieller Regierungsebene zunehmend schwieriger werde und wissenschaftliche und kulturelle Kooperationen stattdessen wichtige Bindungen stärken könnten. Auch könnten gefährdete und geflüchtete Forschende aus diesen Ländern mit einem geringeren Budget weniger gut unterstützt werden. Der Wegfall von Kurzzeitförderungen für Vortrags- und Kongressreisen beim DAAD habe zudem Folgen für deutsche Studierende und Forschende; allgemein leide der Wissenschaftsstandort Deutschland.

Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner fordern daher von Baerbock und den Bundestagabgeordneten, die Kürzungen zurückzunehmen. Der Angriffskrieg Russlands verlange nach vielen Antworten Deutschlands und Europas. Wissenschaftlicher Austausch solle Teil dieser Antwort sein, um das Bekenntnis Deutschlands zu einem integrierten Europa glaubhaft zu machen, so die Organisationen.

Hintergrund der Kritik

Seit der Bundeshaushalt 2022 Anfang Juni verabschiedet wurde, sind Kürzungen in den Budgets der Wissenschaftsorganisationen auch im kommenden Jahr im Gespräch. Sowohl der DAAD, die AvH als auch das Goethe-Institut sollen eine geringere Grundfinanzierung durch das Auswärtige Amt erhalten. Laut aktuellem Haushaltsentwurf für 2023 sind beim Auswärtigen Amt beispielsweise operative Mittel von rund 191 Millionen Euro für den DAAD vorgesehen, 2022 lag die Grundfinanzierung der Organisation noch bei 193,8 Millionen, 2021 bei 201,5 Millionen Euro.

Auch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BMBF) war in den letzten Monaten wegen Kürzungen in der Forschungsförderung im Gespräch. Ende August verneinte das Ministerium allerdings, dass laufende Projektvorhaben aus Kostengründen abgebrochen würden. Die Haushaltslage sei schwierig und in der Folge könne es "im Einzelfall" vorkommen, dass "Anschlussprojekte nicht oder nicht im bisherigen Umgang gefördert werden".

Die Haushaltsdebatten der Ministerien für 2023 laufen aktuell, zuletzt vergangenen Donnerstag, als Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) ihr Ministerium als "Chancenministerium" präsentierte, das "mehr Chancen und mehr Freiheit" ermögliche. Die Opposition, vertreten durch Thomas Jarzombek, wissenschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, schmetterte dies ab, bezeichnete Stark-Watzingers Ressort als "Ministerium der verpassten Chancen" und sparte nicht mit Verweisen auf die Kritik der Forschenden an Kürzungsplänen. Ende November will der Bundestag den Haushaltsentwurf 2023 beschließen, Mitte Dezember soll er den Bundesrat passieren.

cpy